Strahlungsflußmessung in der Praxis und die Ulbrichtkugel

Zunächst müssen $E$ bzw. $I$ über alle Raumrichtungen erfasst werden. Dabei ist die Photometrische Grenzentfernung, die mit etwa dem 10-fachen der maximalen Strahlerabmessung abgeschätzt werden kann, eingehalten werden. Für kleine Strahler genügen deshalb kleine Messapparaturen. Große Strahler wie z.B. Leuchtstoffröhren oder ganze Straßenleuchten erfordern jedoch riesige Abstände, die zum Teil nur unter Verwendung von Planspiegeln einzuhalten sind. Marktgängige Goniophotometer messen diese Größen automatisiert und in hoher Auflösung. Wenn bei Strahlenquellen die Brennlage spezifiziert ist, wird nicht die Strahlenquelle, sondern der Sensor geneigt.
Figure: Verschiedene Goniophotometer (Links für das Nahfeld, rechts für das Fernfeld)
Image goniophotometer Image Gonioscheinwerfer Image GonioLEDLeuchte01 Image GonioLEDLeuchte02
Hat man die Strahlstärke unter den $m$ Winkeln $\vartheta = n \; \Delta \vartheta $ mit $\Delta \vartheta = \pi / m$ gemessen, dann ist
$\displaystyle \Phi_{\mathrm{ges.}} \approx 2 \pi \sum_{n =1}^{m} I (\vartheta ) \sin ( \Delta \vartheta n ) \Delta \vartheta$     (1.19)

Hat man keinen automatisch durchlaufenden Messplatz, dann ist die Erfassung der Messwerte unter vielen Richtungen sehr aufwendig. Auch mit einer geringen Anzahl von Richtungen sind schon gute Messergenisse erreichbar, wenn man die Strahlstärkeverteilung unter Winkeln misst, die den Raumwinkel $4 \pi$ in $n$ gleiche Raumwinkelzonen $\Delta \Omega = 4 \pi / n $ einteilen. Dann ist der gesamte Strahlungsfluß näherungsweise:
$\displaystyle \Phi_{\mathrm{ges.}} \approx \frac{4 \pi}{n} \sum_{i=1}^{n}I(\vartheta)_{i} = 4 \pi \; \mathrm{Mittelwert von} \; I(\vartheta)$     (1.20)

Die Winkel für $n = 10 $ und $n = 20 $ Zonen sind in den Tabellen 1.2 und 1.3 angegeben.




Table: Stützstellen für $n = 10 $ konstante Raumwinkelzonen
Raumwinkelzone $i$ Winkel $\vartheta_{i} / ^{\circ} $ Raumwinkelzone $i$ Winkel $\vartheta_{i} / ^{\circ} $
1 25,8 6 55,7
2 45,6 7 107,5
3 60,0 8 120,0
4 72,5 9 134,4
5 84,3 10 152,4




Table: Stützstellen für $n = 20 $ konstante Raumwinkelzonen
Raumwinkelzone $i$ Winkel $\vartheta_{i} / ^{\circ} $ Raumwinkelzone $i$ Winkel $\vartheta_{i} / ^{\circ} $
1 18,2 11 92,9
2 31,8 12 98,6
3 41,4 13 104,5
4 49,5 14 110,5
5 56,6 15 116,7
6 63,3 16 123,4
7 69,5 17 130,5
8 75,5 18 138,6
9 81,4 19 148,2
10 87,7 20 161,8

Ist selbst dieses Verfahren noch zu aufwendig, zum Beispiel bei Routinemessungen in der Qualitätssicherung von Strahlerproduzenten, dann kann man sich einer Ulbrichtkugel (integrating sphere) zur Integration über alle Raumrichtungen bedienen. Man nutzt die spezielle Eigenschaft einer Hohlkugel, dass die indirekte Wandbeleuchtung überall im Inneren proportional des eingebrachten Gesamtstrahlungsflusses ist. In Abbildung 1.8 ist eine Strahlenquelle im Mittelpunkt einer Kugel dargestellt.
Figure 1.8: Funktion einer Ulbrichtkugel

\includegraphics[scale=2]{HTMLBilder/Funktionulbrichtkugel}

Figure 1.9: Reale Ulbrichtkugeln mit 1m (mit Hilfslicht) und 3m Durchmesser

Image Ulbrichtkugel1m Image Ulbrichtkugel1mHilfslicht Image Ulbrichtkugel3m01
Die Innenseite der Kugel wird mit der Bestrahlungstärke $E_{Q} = I/R^2$ bestrahlt, wobei $R$ der Radius der Kugel ist und der Richtungscosinus der bestrahlten Fläche gleich eins ist. Direkt von der Strahlenquelle ist die Bestrahlung der Kugelinnenfläche entsprechend der Strahlereigenschaften ungleichmäßig. Wenn die Oberfläche die Bestrahlungsstärke $E_{Q}$ reflektiert und dabei die Strahlung entsprechend einem Lambertstrahler streut passiert folgendes: Der Winkel $\vartheta_{Q}$, unter dem die Strahlung reflektiert wird, ist gleich dem Winkel $\vartheta_{E}$, unter dem die reflektierte Strahlung auf jede weitere Stelle der Kugelinnenfläche einfällt. Der Abstand beträgt $r=2R\cos (\vartheta )$ und damit $E_{E}=I_{E} /r^2 = I_{2,0} \cos (\vartheta ) /r^2 = I_{2,0} / 4 R^2$.

Die Bestrahlungsstärke $E_{E}$ ist unabhängig von der Einfallsrichtung von $I_{E}$. Auftretende Unterschiede können nur an unterschiedlichem $I_{Q}$ liegen. Weitere Reflexionen wirken sich in der Gleichmäßigkeit nicht aus, da jeder Punkt der Kugelinnenfläche jeden weiteren Punkt wieder mit gleicher Bestrahlungsstärke beaufschlagt.

Schützt man ein am Ort von $E_{E}$ angebrachtes Bestrahlungsstärkemeßgerät mit einem Schatter vor der direkten Strahlung, dann ist der gemessene Wert proportional zum gesamten Strahlungsfluß. Den Proportionalitätsfaktor bestimmt man am einfachsten mit einem Strahlungsflußnormal.

Der spektrale Reflexionsgrad $\varrho(\lambda) < 1 $ der Kugelinnenseite hat einen Einfluß, der sich mit der Anzahl der Vielfachreflexionen als geometrische Reihe verstärkt. Die Strahlung im Inneren wird solange hin und her reflektiert, bis es aufgrund einer Restabsorption zur Auslöschung der Strahlungsenergie kommt.

$\displaystyle E(\lambda) = E_{0} (1 + \varrho(\lambda) + \varrho^{2}(\lambda) +...
...da) + \cdots + \varrho^{\infty}(\lambda))
= E_{0} \frac{1}{1-\varrho(\lambda)}
$

Man versucht möglichst, den Reflexionsgrad wellenlängenunabhängig zu halten, aber schon kleine Abweichungen können zu sehr großen Unterschieden. Ist Beispielsweise $\varrho( 400$   nm$) = 0,96 $, aber $\varrho( 600$   nm$)
= 0,97 $, dann ergeben sich aufgrund der geometrischen Reihe bereits sehr unterschiedliche Bestrahlungsstärken:

$\displaystyle E( 400$   nm$\displaystyle ) = \frac{1}{1-0,96} = 25$   aber:$\displaystyle \qquad E( 600$   nm$\displaystyle ) = \frac{1}{1-0,97} = 33 \qquad (+32 \%)
$

Das ist nicht mehr nur das eine Prozent Unterschied im Reflexionsgrad. Das ist deutlich mehr. Hätten wir die Kugel nun mit einem weißen Strahler kalibriert, dann würden wir einen Strahler mit 400 nm deutlich schwächer messen als einen Strahler mit einer Wellenlänge von 600 nm. Abhilfe schafft hier in gewisser Abstand von hohen Reflexionsgraden

$\displaystyle E( 400$   nm$\displaystyle ) = \frac{1}{1-0,8} = 5$   aber:$\displaystyle \qquad E( 600$   nm$\displaystyle ) = \frac{1}{1-0,81} = 0,526 \qquad (+5 \%)
$

Jetzt fällt der Unterschied schon nicht mehr so deutlich aus. $\varrho(\lambda) \approx 0,8 $ ist ein typischer Wert von Photometerfarbe, mit der Ulbrichtkugeln von innen beschichtet werden.

Um diese spektralen Unterschiede zu minimieren kann ein Strahlungsflußnormal mit einer dem zu messenden Strahler sehr ähnlichen spektralen Verteilung wählen. Dann treten die spektralen Abweichungen bei beiden Messungen in gleicher Weise auf und fallen im Verhältnis nicht mehr ins Gewicht.

Doch damit sind nicht alle Probleme aus der Welt geschafft. Ein zu messender Strahler könnte ja einen großen schwarzen Sockel haben. Der würde wieder bei jedem Reflexionsschritt einen Teil der Gesamtstrahlung schlucken. Dieser Anteil wäre größer je kleiner die Kugel und je größer der Strahlersockel ist. Auch eine unterschiedliche Strahlergeometrie kann sich in ähnlicher Weise auswirken. Hier kann man sich mit einer Hilfslampenmessung helfen:

Eine Hilfslampe wird in die Kugel gebracht und damit ohne jede über den Strahlertausch hinausgehende Veränderung der nichtleuchtende Prüfstrahler und im Anschluß das unbetriebene Strahlungsflußnormal vermessen. In Abbildung 1.9 sieht man im zweiten Bild von Rechts die Ausführung einer Hilfslampe. Diese spezielle Ausführung kann zur Messung ohne Hilfslampe in die Kugelwand zurückgezogen werden, wobei die Abdeckung dann die Lücke in der Kugelwand wieder schließt.

Haben wir zum Beispiel folgendes gemessen:

Messobjekt Messgröße Messwert
Stahlungsflussnormal mit 358 W $\Phi_{N}$ 709 SKT
Stahlungsflussnormal mit Hilfslampe $\Phi_{NH}$ 22,1 SKT
Püfstrahler $\Phi_{P}$ 382 SKT
Püfstrahler mit Hilfslampe $\Phi_{PH}$ 25,6 SKT
Dann hat unser Prüfstrahler einen Strahlungsfluß von

$\displaystyle \Phi_{N} = 358$   W$\displaystyle \; \frac{\Phi_{P} \; \Phi_{NH}}{\Phi_{N} \; \Phi_{PH}} = 358 \; \frac{382 \cdot 22,1}{709 \cdot 25,6} \;$   W$\displaystyle = 169$   W

Die Funktion einer Ulbrichtkugel steht und fällt mit der Qualität der reflektierenden Innenfläche.

Im Internet kann man über Baryt, die Mineralform von Bariumsulfat (such Schwerspat genannt) lesen, dass er bei langwelligem UV-Licht eine gelbliche, orange oder rosafarbene Fluoreszenz zeigt. Bei kurzwelligem UV-Licht könne gelegentlich Phosphoreszenz beobachtet werden. Das nur der Vollständigkeit halber. Trotzdem ist Bariumsulfat der de facto Standard als Weißpigment in der Lichttechnik.