Reflexion und Brechung

Reflexion und Brechung von Strahlung an Grenzflächen mit wechselnder Ausbreitungsgeschwindigkeit lassen sich unter idealisierten Bedingungen aus den Maxwellgleichungen errechnen. Aus den Maxwellgleichungen gewinnt man zunächst allgemeine Übergangsbedingungen (Stetigkeit) für die zur Grenzfläche tangentialen bzw. normalen Komponenten folgender Felder:
Elektrische Feldstärke $\vec{E}_{(t\mathrm{=Tangentialkomponente})}$ $\Longrightarrow$ $E_{t}^{(1)} = E_{t}^{(2)}$
Verschiebungsdichte $\vec{D}_{(n\mathrm{=Normalkomponente})}$ $\Longrightarrow$ $D_{n}^{(1)} = D_{n}^{(2)}$
Magnetische Flussdichte $\vec{B}_{(n\mathrm{=Normalkomponente})}$ $\Longrightarrow$ $B_{n}^{(1)} = B_{n}^{(2)}$
Magnetische Feldstärke $\vec{H}_{(t\mathrm{=Tangentialkomponente})}$ $\Longrightarrow$ $H_{t}^{(1)} = H_{t}^{(2)}$

Figure: Richtungen der elektrische Feldstärke $\vec{E}$ und der magnetischen Induktion $\vec{B}$ für den Fall senkrecht zur Einfallsebene polarisiertem Licht (links) und parallel zur Einfallsebene polarisiertem Licht (rechts).
\includegraphics{HTMLBilder/ReflexionelektrischeFelderSenkrechtzurEbene} \includegraphics{HTMLBilder/ReflexionelektrischeFelderParallelzurEbene}
Einfallende-, reflektierte- und gebrochene Welle werden als ebene Wellen angesetzt:

\begin{displaymath}\begin{array}{llcllcl}
\text{Einfallend} &
\vec{E} & = & \vec...
...mu''} \quad \frac{\vec{k}'' \times \vec{E}'' }{k''}
\end{array}\end{displaymath}

Dabei sind $\epsilon$ die Dielektritzitätskonstante, $\mu$ die Permeabilität und $\vec{k}$ der Wellenvektor. Damit die Stetigkeitsbedingungen an allen Punkten der Grenzfläche zu jeder Zeit erfüllt sind, müssen die zeit- und raumabhängigen Faktoren der Ansätze in der Ebene der Grenzfläche gleich sein.

$\displaystyle e^{i(\vec{k}\vec{r}-\omega t)} = e^{i(\vec{k}'\vec{r}-\omega' t)} = e^{i(\vec{k}''\vec{r}-\omega'' t)}
$

Man gewinnt zunächst folgendes aus den Eigenschaften der Exponentialfunktion:

$\displaystyle \vec{k}\vec{r}-\omega t = \vec{k}'\vec{r}-\omega' t + m_{1} \; 2 \pi = \vec{k}''\vec{r}-\omega'' t + m_{2} \; 2 \pi \quad ; \quad m_{1} , m_{2}$    ganze Zahlen

Für $\vec{r} = 0 $ und $t = 0 $ folgt, dass man ohne Beschränkung der Allgemeinheit $m_1 = m_2 = 0 $ setzen darf. Für $\vec{r} = 0 $ und $t \neq 0 $ folgt weiter:

\begin{displaymath}
\begin{array}{l}
\omega = \omega' = \omega'' \\
k = \frac{...
...0}} \text{ für } \vec{r} \text{ aus der Grenzebene}
\end{array}\end{displaymath}

Wählt man für $\vec{r}$ ein spezielles $\vec{x} = x \vec{e}_{1}$, dann kann mit den obigen Bezeichnungen festgestellt werden:

$\displaystyle kx \sin \alpha = k'x \sin \beta = k'' x \sin \gamma$

Daraus lässt sich das Brechungsgesetz direkt ablesen. Bisher haben wir also folgende Ergebnisse: Im optisch dichteren Medium sind Lichtgeschwindigkeit, Wellenlänge und Winkel kleiner, während der Brechungsindex größer ist. Für die bisherigen Ergebnisse genügte die bloße Existenz der allgemeinen Randbedingungen. Um die Intensitäten der reflektierten und gebrochenen Welle zu berechnen, werden sie ausformuliert und dabei gleich alle Felder in Ausdrücken der elektrischen Feldstärke hingeschrieben:

\begin{displaymath}
\begin{array}{lllll}
E_t & : & (\vec{E}_0 + \vec{E}_0'' - \v...
...vec{E}_0'') - \epsilon \vec{E}_0' ) \vec{n} & = & 0
\end{array}\end{displaymath}

Man unterscheidet zwei Fälle, die einzeln berechnet werden:
1. Fall:
Das einfallende Licht ist senkrecht zur Einfallsebene polarisiert. Aus Gleichung $E_t$ folgt dann:

$\displaystyle (\vec{E}_0 + \vec{E}_0'' - \vec{E}_0' ) \times \vec{n} =
-(\vec{E}_0 + \vec{E}_0'' - \vec{E}_0' ) \vec{e}_x = 0
$

$\displaystyle \Rightarrow \vec{E}_0 + \vec{E}_0'' - \vec{E}_0' = 0
$

Umformen der Kreuzproduktterme $\frac{1}{\mu} ( \vec{k} \times \vec{E}_0 ) \times \vec{n} =
- \frac{1}{\mu} ( \...
...s \alpha = \frac{\omega}{c} \sqrt{ \frac{\epsilon}{\mu}} \vec{E}_0 \cos \alpha $ führt Gleichung $H_t$ über in:

$\displaystyle (\vec{E}_0 - \vec{E}_0'') \sqrt{ \frac{\epsilon}{\mu}} \cos \alpha -
\vec{E}_0' \sqrt{ \frac{\epsilon'}{\mu'}} \cos \beta = 0
$

Mit den beiden Gleichungen lassen sich jeweils $\vec{E}_0'$ oder $\vec{E}_0''$ eliminieren. Wir erhalten die Fresnelschen Formeln für senkrecht zur Einfallsrichtung polarisiertes Licht. Für fast alle Materialien ist $\mu = \mu' = 1 $. Damit vereinfachen sich die Ergebnisse noch einmal.

\begin{displaymath}\begin{array}{lllll}
\frac{\vec{E}_0''}{\vec{E}_0} & = &
\fra...
...c{ 2 \sin \beta \cos \alpha}{\sin (\alpha + \beta)}
\end{array}\end{displaymath} (1.1)

2. Fall:
Das einfallende Licht ist parallel zur Einfallsebene polarisiert. Aus den beiden Gleichungen

$\displaystyle (\vec{E}_0 - \vec{E}_0'') \cos \alpha - \vec{E}_0' \cos \beta = 0
$

und

$\displaystyle (\vec{E}_0 + \vec{E}_0'') \sqrt{ \frac{\epsilon}{\mu}} -
\vec{E}_0' \sqrt{ \frac{\epsilon'}{\mu'}} = 0
$

gewinnen wir die Fresnelformeln der anderen Polarisationsrichtung:

\begin{displaymath}\begin{array}{lllll}
\frac{\vec{E}_0''}{\vec{E}_0} & = &
\fra...
...alpha}{\sin (\alpha + \beta) \cos (\alpha - \beta)}
\end{array}\end{displaymath} (1.2)

Durch das Brechungsgesetz sind die Fresnelschen Formeln mit den Brechungsindizes der angrenzenden Medien verknüpft. Der Brechungsindex ist jedoch im allgemeinen wellenlängenabhängig, und damit wird die Reflexion von nicht-monochromatischen Licht selektiv. Mit anderen Worten: Das Reflexionsspektrum ist im Allgemeinen ein anderes als das einfallende Spektrum. Die so entstandenen Oberflächenfarben treten abgesehen von Metallen nur dort auf, wo der Brechungsindex deutlich verschieden von der umgebenden Luft ist und beträchtlich von der Wellenlänge abhängt. Gold ist gelb in der Aufsicht und lässt in dünnen Schichten grün durchschimmern. Ein Beispiel für Nichtmetalle ist der Farbstoff roter Tinte (Fuchsin), der eingetrocknet in auffallendem Licht gelbgrün glänzt. Bei den meisten anderen Stoffen bleibt das auffallende weiße Licht nach der Reflexion fast weiß. Farbige Gläser und Pigmente erhalten ihre Farbe durch ihr selektives Absorptionsvermögen von durchgehendem Licht. Viele Pigmente sind in kompaktem Zustand dunkel. Nach Pulverisierung und Mischung mit einem Bindemittel entstehen im Inneren reflektierende Flächen: Die Farbe wird sichtbar.

Der spektrale Reflexionsgrad $\rho (\lambda) $ ist definiert als

$\displaystyle \rho (\lambda) = \frac{(\Phi_{\lambda})_{\rho}}{\Phi_{\lambda}} =...
...ender spektraler Strahlungsfluss}}
= \lvert\vert \frac{E''}{E} \rvert\vert^{2}
$

wobei die Leistung als Quadrat der zeitlichen Mittels der elektrischen Feldstärke ausgedrückt wird. Dies erreichen wir durch einfaches Quadrieren der Gleichungen 1.1 und 1.2.



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